"Wenn ich so zurückblicke, dann hat es auch bei mir Ende der 50er Jahre mit dem Rock'n Roll angefangen. Die Elvis' Singles, Bill Hailey, ja auch Peter Kraus lagen bei meiner damals 17jährigen Tante auf der Anrichte herum und wenn ich mich allein im Wohnzimmer aufhielt, legte ich sie sofort auf den mobilen kleinen Plattenspieler und drehte die Lautstärke so weit auf wie nur möglich. "You ain't nothing but a hounddog" ...

Das war's, das kam voll gut - bis meine Großmutter grummelnd, mit bösem Blick und erhobenem Zeigefinger, aus der Küche ins Wohnzimmer stürzte und das Volumen fast wieder auf Null runterdrehte. "Was sollen bloß unsere Nachbarn denken... Wir sind doch nicht bei den Hottentotten!" Da war ich neun oder zehn Jahre alt, ordentlicher Fassonschnitt und Omas Liebling. Ende der 50er Jahre war Zimmerlautstärke bei 0,5 Watt angesiedelt." So erinnert sich Chris.

Anfang der 60er kam für kurze Zeit Skiffle auf. "Michael row the boat ashore" war damals ein ganz beliebter Titel. Da trafen wir uns mit Waschbrett, Banjo, Gitarre und Mandoline und sangen inbrünstig auch: "Wir lagen vor Madagaskar..." oder "Michael row the boat ashore". Bald hörten wir immer häufiger Cliff Richard mit den Shadows. Die Instrumentals der Shadows wie "Apache" oder "Shindig" spielten wir mit Begeisterung nach. Und ... Yeah, yeah, yeah, endlich kamen sie, die Wegbereiter des Rock in Europa und der übrigen Welt: die Pilzköpfe, John, Paul, George und Ringo, "The Beatles". "Twist and Shout" war der absolute Hammer!

Wir waren stolz wie die Schneekönige, als wir 1964 die drei Akkorde des Songs länger als 15 Minuten auf der Gitarre schrammeln und dazu singen konnten! Nun war es Zeit für die E-Gitarre von Framus. Chris, der von Rotenburg nach Celle umzog, brachte eine mit. Er hatte im Herbst beim Bauern während der Kartoffelernte geholfen, Eicheln und Kastanien gesammelt für die Försterei und sonntags Zeitungen ausgefahren. Für beinhart gesparte 256 DM kaufte er eine niegelnagelneue Framus in Bremen. Natürlich ließ er sich seine Gitarre nicht einpacken. Die sollte jeder sehen. Stolz wie ein Schneekönig fuhr er damit nach Hause. Er war glücklich wie nie zuvor. Ein Jahr hatte er drauf gespart, nun war sie sein eigen. Sein nächstes Sparprojekt waren 34 DM für die Beatlesstiefel aus schwarzem Wildleder. Auch die mussten sein, wenn auch seine Eltern sie fürchterlich fanden.

In seiner Klasse wurde er für seine E-Gitarre bewundert, denn angeschlossen ans alte Radio von Löwe Opta oder an das Tonbandgerät TK 35 von Grundig klang das schon echt riesig. Wer spielte eigentlich noch Gitarre am Hölty-Gymnasium? Der da mit der Elvistolle, die er immer nach vorne über die Augen kämmte, wenn kein Lehrer in Sicht war? Und eh wir uns versahen, saßen Ali, Chris, Pimpusch, Wolo und zu Beginn auch Erbse, der eine zeitlang dazu gehörte, im Wohnzimmer und malträtierten die kreischende Musiktruhe, bis die Nachbarn durch ständige Klingelattacken unmissverständlich deutlich machten, dass das wohl so nicht weiter ginge.

Wir zogen ein paar Straßen weiter zu Ali, unserem Drummer. In seinem Zimmer im ersten Stock konnten wir uns austoben. Seine Mutter ließ uns den nötigen Freiraum. Die Nachbarn waren etwas weiter weg. Der Bandname wurde im Chemieunterricht kreiert: Chris hatte die Idee dazu. "The Barking Bats" (Die bellenden oder heulenden Fledermäuse. Weiß der Hugo wieso ihm dieser Name einfiel.... Wir vermuten, weil "The Barking Bats" ähnlich klang wie "The Rolling Stones"...). Anfang Januar 1965 rief dann der erste Auftritt bei einer Schulfeier im Ratskeller in Celle. Verstärkt wurden unsere Gitarren über Radios und ein Tonbandgerät. Das Mischpult baute unser Drummer selbst. Danach war nichts mehr wie vorher!!!

Ehe wir uns versahen ging es Schlag auf Schlag. Der erste Auftritt im "Haus der Jugend" in Celle, dem dann sofort weitere folgten. Die erste Gage bestand aus einer Cola, einer Bockwurst und 5 Mark! Samstagsabends standen lange Schlangen von unseren Freunden und Celler Teenagern vor dem Eingang und wollten dabei sein. Viele kamen zu spät. Also trafen sie sich schon zwei Stunden vorher. Doch schnell wurde deutlich, dass dieser Ort viel zu klein war für all die Celler Kids, die samstags zu den "Bats", wie unsere Fans uns nun riefen, pilgerten. Also suchten wir uns ein neues Quartier in der Emigrantenstraße. Danach fanden wir für ein paar Monate in Lachtehausen bei Celle einen Spielort. Der Gasthof existiert noch heute.

Doch auch der Saal war schnell zu klein und endlich fanden wir einen großen Schützenhaus-Saal in Altenhagen bei Celle, den wir im Jahr 1966 in "Route 66" (nach einem Songtitel der Rolling Stones benannt, den wir oft als Opener spielten) umtauften und der für zwei Jahre unser ständiges Quartier wurde, wenn wir nicht auswärts spielten. 2, 3, ja 400 Jugendliche aus Celle und dem Landkreis kamen hier an den Wochenenden stets zusammen. Bald spielten wir auch sonntagsnachmittags immer vor vollem Haus. Mit einem Mal waren wir eine begehrte und über den Landkreis hinaus bekannte Rockband - und das mit ganzen 17 Lenzen...

In den Sommerferien 1965 wurde in der Fabrik, auf dem Bau und im Lebensmittelgeschäft gejobbt und alles Geld zusammengelegt. Dadurch konnten wir endlich eine richtige Anlage anschaffen, wobei wir die großen Boxen selber bauten. Ali, unser Schlagzeuger kümmerte sich um die technischen Details, wie er das heute auch immer noch macht. Das war ziss fab! Und als Leadgitarrist kam im Herbst Funzel, ein guter Schulfreund von Chris aus Hemsbünde bei Rotenburg/Wümme dazu. Chris wurde unser Frontmann.

Jedes Wochenende kam Funzel angereist und sonntagabends wurde er wieder nach Hause gefahren, 80 km hin und 80 km zurück.. Wir hatten ja noch keinen Führerschein. Aber immer waren Freunde da, die uns fuhren. Für unseren ersten VW-Bus streckte uns Alis Vater das Geld vor. Das war schon ungewöhnlich, denn die Rockmusik war eher ein rotes Tuch für unsere Elterngeneration!!! Nun konnte es richtig losgehen.

Von da an gab es vermehrt Auftritte an vielen Orten im Landkreis Celle, in Rotenburg an der Wümme, im damaligen Savoy in Hannover, in Helmstedt, in Braunschweig, Soltau, Bergen, Burgdorf, in Wittingen und den vielen kleinen Orten. Selbst die Tommies engagierten uns immer wieder für ihre Feiern in den Celler Kasernen. Ja, damals wars, der Mond schien helle, als unser roter VW-Bus blitzeschnelle langsam um die Ecke bog. Wir trugen die TOP-20-Hits und die Flower-Power-Mode in die alten Dorfballsäle der Provinz, den Twist, die Songs der Beatles, der Rolling Stones, der Animals, Pretty Things, Kinks, von Jimi, usw.

1967 konnten wir uns dann den lang ersehnten Fender-Bass, die Gibson- und Vox-Gitarre, den Vox AC 30 sowie ein Ludwig-Schlagzeug kaufen. Ein erhebendes Gefühl! Wir spielten auf Instrumenten wie unsere Idole... Die Bats, gekleidet in den Farben der Flower-Power-Mode, waren überall gern gesehene Musiker und Freaks. Als die Carneby-Street-Mode aus London nach Celle schwappte, sollten wir zur Werbung eine Woche bei Karstadt spielen.

Doch es kam anders. Bei Karstadt lief nichts mehr, hunderte Jugendliche drängten sich in die Etagen und versuchten in den zweiten Stock zu gelangen. Der Verkauf brach völlig zusammen und wir wurden nach zweimailgem Auftritt ausbezahlt und die Werbeaktion kurzerhand angebrochen.

Wir gewannen mehrere Bandwettbewerbe und spielten z. B. als Vorband bei Englands erster Frauenband, den "Liverbirds". Im Sommer 1967 löste sich unsere Urformation aus verschiedenen Gründen auf: unterschiedliche musikalische Vorstellungen, Bundeswehr, Familiengründung, Studium und auch Berlin (West) rief die Bundeswehrvertriebenen.

Doch nur für läppische 25 Jahre, ein Vierteljahrhundert, was ist das schon?!! Dann kletterten wir wieder gemeinsam auf die Bühne mit den Songs, dem Beat und den Hits unserer Jugend... Music never ends.
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